Das erstmals in einer Schenkungsurkunde an das Kloster Fulda um 800 genannte Wisibrunnen hatte spätestens seit dem 13. Jahrhundert enge Beziehungen zu den Grafen Castell, die hier einen Burgstall und zahlreiche Güter an verschiedene Ritterfamilien verliehen. Den Zehnten hatten die Grafen zu Castell ihrerseits vom Hochstift Würzburg zu Lehen. Nach der Teilungsurkunde von 1266 gehörte der meiste Castell’sche Eigenbesitz der Linie vom unteren Schloss, so dass dieser Teil nach 1328 an die Burggrafen von Nürnberg und späteren Markgrafen von Brandenburg fiel, die hier seitdem als Ganerben Anteil an der Dorfherrschaft hatten. Die umfangreichen Ritterlehen verblieben jedoch dem Haus Castell. Als Inhaber Castell’scher Ritterlehen ist zunächst das Castell’sche Ministerialengeschlecht der Ritter von Wiesenbronn zu nennen, die nicht nur in Wiesenbronn, sondern auch in Castell Lehenbesitz und Hofämter innehatten. 1244 kommt erstmals der Ritter Ulricus de Wisenbrunnen im Gefolge des Grafen Friedrich I. zu Castell vor, und 1268 beurkunden die Brüder Ulrich und Heinrich von Wiesenbronn (Ulricus et Heinricus fratres de Wisintbronnen, milites) neben anderen Vasallenfamilien ausdrücklich als “Ritter” eine Verkaufsurkunde des Grafen Hermann II. zu Castell. Die Mitglieder dieser Ministerialenfamilie gehörten zu den am häufigsten genannten Zeugen in Castell’schen Urkunden des 13. und 14. Jahrhunderts. Mit Hans von Wysenprunne, der 1390 noch als Gräflich Castell’scher Hofmeister genannt wird, scheint das Geschlecht ausgestorben zu sein.

Die Ritter Erkinger und Endres Zollner verkaufen Güter und Zehnten zu Wiesenbronn an Graf Friedrich zu Castell, 27. Mai 1374

 

Daneben hatten hier die Zollner, dann aber vor allem die Seinsheim, Seckendorff und die Fuchs von Dornheim Castell’sche Lehen. Als 1532 die Gnottstadt in Rüdenhausen ausstarben, fielen auch ihre Wiesenbronner Lehen heim und verblieben im Eigenbesitz.

1546 kaufte Graf Conrad mit der Mitgift seiner vermögenden Gemahlin, einer geb. Markgräfin von Baden, von Valentin Fuchs das Schloss zu Wiesenbronn mit allem Zubehör. Er trug sich nach 1561 sogar mit dem Gedanken, in Wiesenbronn ein Spital zu gründen, was aber doch unterblieb. Nach 1577 fiel der Castell’sche Anteil an seinen Bruder Graf Heinrich, der zahlreiche Umbauten vornahm, so renovierte er u.a. den Meierhof und ließ zum Schluss sein und seiner Gemahlin Wappen (der Elefant der Grafen von Helfenstein) mit der Jahreszahl 1579 auf dem steinernen Türstock anbringen. Dieser Stein ist heute noch am Wohnhaus des landwirtschaftlichen Anwesens Düll (Schulgasse 9) zu sehen.

Nach dem Tode Heinrichs fiel der Hauptteil der Castell’schen Besitzungen an die Linie Rüdenhausen, aber es wohnte wohl kein Mitglied der Familie mehr im Wiesenbronner Schloss, und die Verwüstungen des Dreißigjährigen Krieges sorgten dafür, dass die meisten Gebäude noch lange unbewohnbar blieben. In der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts lebten hier noch Graf Heinrich Albrecht und seine Schwester Luise Juliana aus der Rüdenhäuser Linie, letztere verstarb (1687) unverheiratet in Wiesenbronn und ist auch als einziges Mitglied der Familie Castell in Wiesenbronn begraben. In der Folgezeit wurde das Schlösschen an verschiedene Pächter vermietet, verfiel aber mehr und mehr und wurde schließlich 1812 verkauft. Später bereute man diesen Verkauf und erwarb es 1838 zurück, weil man sich dadurch den Neubau einer Scheune sparen konnte. Vor einigen Jahren mußte das alte Schlösschen dann ganz abgerissen werden – damit verschwand ein Denkmal der Erinnerung an die jahrhundertelange Beziehung der Casteller nach Wiesenbronn.

Seit dem späten 16. Jahrhundert haben sich die Herrschaften stabilisiert und verblieben bis zum Ende des Alten Reiches bei Castell, Brandenburg-Ansbach und dem Hochstift Würzburg, die jeweils ihre eigenen Schultheißen im Dorf unterhielten. Wiesenbronn war auch ein so genanntes Freidorf. Die Gemeinde hatte das Recht, einen auf der Gemeindemarkung auf frischer Tat ergriffenen Dieb “hui und geschwind” ohne Urteil an einem Baum aufzuhängen. Das Dorfgericht hieß hier deshalb auch manchmal “Huigericht”.

Die Pfarrei Wiesenbronn gehörte spätestens seit dem 14. Jahrhundert zu den Castell’schen Patronatspfarreien und wurde seit Anfang des 19. Jahrhunderts zu den so genannten Senioratspatronaten gezählt. Das bedeutete, dass immer der Älteste (der “Senior”) von den beiden Häuptern der Linien Castell-Castell und Castell-Rüdenhausen die Pfarrer auswählte. Als in der Grafschaft Castell 1546-1559 die Reformation eingeführt wurde und dann die Pfarrer der kleinen Landeskirche auf die Konkordienformel, also die verbindlichen Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche, verpflichtet wurden, da war es der Pfarrer von Wiesenbronn, David Meise, der als erster seine Unterschrift mit dem Zusatz Comitatus Castellani Superintendens (Superintendent der Grafschaft Castell) unter das Dokument setzte. Der Dekanatssitz hat dann bis ins 20. Jahrhundert noch häufig zwischen Rüdenhausen, Wiesenbronn und Castell gewechselt.

Die Kirche zum Heiligen Kreuz ist in ihrer heutigen Gestalt ein Bau des Jahres 1603, der untere Teil des Kirchturms stammt freilich bereits aus dem 13. Jahrhundert, wurde 1715 um zwei Stockwerke erhöht und mit einer welschen Haube bekrönt. Die an einer Mittelsäule emporwachsenden Rundbögen trennen den Chor vom Langhaus und prägen einen der ungewöhnlichsten Kirchenräume der weiteren Umgebung. Baumeister waren die Wiesenbronner Melchior Reuß und Johann Hammer, wie heute noch eine Tafel über der Säule vor dem Chor verkündet. Bemerkenswert sind die 1972 wieder entdeckten Fresken: im Chor die vier Evangelisten und links die Taufe Jesu verweisen auf das Evangelium und das Sakrament der Taufe. An den Wänden der Empore sind die zwölf Apostel, an der Nordwand das Jüngste Gericht und Christus Salvator zu sehen. Der von vier Säulen und zwei Engeln flankierte Altar, eine Stiftung des brandenburgischen Geheimen Rats Dr. Johannes Büttner und seiner Frau Anna Reisenleitner, stand ursprünglich vor der Säule, außerhalb des Chores. In der Predella kniet das Stifterehepaar, das auch in der Kirche beerdigt wurde (Bronzetafeln rechts unter der Empore). Die Darstellungen der Taufe Christi (oben) und des Abendmahls (unten) stammen von dem Maler Johannes Heunisch (1605). Aus der Erbauungszeit sind wohl auch der Taufstein und die sechseckige Kanzel, eine hervorragende Schreinerarbeit, von der allerdings nur fünf Seiten erhalten sind, denn die umlaufenden Schriften enden abrupt: Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden … und unten Selig sind, die das Wort Gottes hören und be … Die geschnitzten Evangelisten in den Zwischenräumen sind eine Ergänzung des 18. Jahrhunderts. Eine gute Arbeit ist auch der Schalldeckel, in dessen Mitte der Auferstandene zu sehen ist. An der Wand des Chores “Siebener Gestühl” (2. Hälfte 17. Jh.), wo früher die Mitglieder des Schultheißengerichts und des Feldgerichts, also “die Siebener”, Platz nahmen. Die Gemeinde hatte die Dorfregierung vor Augen – und umgekehrt! Teil des Gestühls war früher auch das aufwendige Gemeindesiegel (1684), das heute an der mittleren Säule hängt. Zwischen Eingang und Läuthaus steht an der Wand das Epitaph für den 1680 in Wiesenbronn verstorbenen Rittmeister Heinoidt von Wayden, eine rustikale, aber kostümhistorisch interessante Arbeit. Das Untergeschoss des Turmes (Läuthaus), wo früher die Glocken geläutet wurden, ist ein spätromanischer Raum mit Gurtgesimsen und Lichtscharten. In der Sakristei und im Garten des Pfarrhauses zwei Passionsreliefs eines ehemaligen Kreuzwegs von etwa 1500 (Kreuzigungsgruppe und Christus, das Kreuz tragend).

Als die Kirche neu gebaut wurde, verlegte man auch den Friedhof an den Ortsrand (Straße Richtung Kleinlangheim). Wie in Abtswind, Prichsenstadt, Sickershausen oder Mainbernheim steht hier nach Wittenberger Vorbild eine überdachte, reich profilierte Friedhofskanzel, dann zwei Seiten überdachte Holzarkaden, unter denen sich die Trauergemeinde niederlässt.

Das zweigeschossige Rathaus mit Walmdach und Dachreiter wurde 1724 gebaut. An seiner Stelle befand sich früher die Dorflinde. Unter der Freitreppe (1768) war früher der Eingang in das Gefängnis. Im Dach Uhr mit Glockenspiel, wo zu jeder vollen Stunde ein Bauer und ein Häcker mit Karst und Mistgabel aufeinander einstechen. Dabei steht geschrieben: “Stumm und mit stillem Mund/ schlagen wir uns jede Stund.”

Im Ort befinden sich noch an manchen Häusern Castell’sche Wappen (z.B. Pfarrgasse 1, Eichplatz 4), die an die Castell’sche Dorfherrschaft erinnern.

An der Hauptstraße, gegenüber dem Seegarten, stehen drei Sühnekreuze, die 1992 bei der Renovierung des Rathauses in dessen Fundamenten geborgen und dann hier aufgestellt wurden. Bei der Abzweigung Richtung Castell erinnert ein (nachempfundenes) Sühnekreuz an einen mittelalterlichen Mord.

In Wiesenbronn gab es bis in die 1930er Jahre auch eine jüdische Gemeinde. Unter dem Dach der ehemaligen Synagoge (Badersgasse 4, heute zum Privathaus umgebaut) ist noch die Originaldecke (blauer Sternenhimmel) erhalten. Das Geburtshaus (Eichenstr. 1) des weltberühmten Rabbiners Seligmann Bär Bamberger, bekannt als der “Würzburger Raw”, der 1864 die Israelitische Lehrerbildungsanstalt (ILBA) in Würzburg gründete, wurde leider 1981 abgerissen (Gedenktafel neben dem Parkplatz des “Schwarzen Adlers”). Wiesenbronn ist heute vor allem als “Rotweininsel am Steigerwald” bekannt. J.D.

  Epitaph für den Rittmeister Heinoidt von Wayden (1680)

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WIESENBRONN

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